Youngplan

Youngplan
I
Youngplan
 
['jʌȖ-], nach O. D. Young benannter Plan zur Neuregelung der deutschen Reparationszahlungen (Reparation), löste 1930 den Dawesplan von 1924 ab. Französisch-britische Befürchtungen, Deutschland könne in Zukunft seinen Zahlungsverpflichtungen nach den Regularien des Dawesplans nicht mehr nachkommen, sowie deutschen Absichten, über die Neuregelung des Zahlungsmodus politischer Gegenleistungen Frankreichs und Großbritanniens zu erreichen, führten zur Neuverhandlung des Reparationsproblems. Unter Vorsitz des amerikanischen Wirtschaftsfachmanns O. D. Young legte eine Konferenz von Finanzsachverständigen (11. 2.-7. 6. 1929) einen neuen Zahlungsplan vor. Auf der ersten Haager Konferenz (6.-31. 8. 1929) billigten die Teilnehmer (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Tschechoslowakei u. a.) in einem Vertrag (31. 8. 1929 den Zahlungsplan, und Deutschland erkannte an, dass seine Zustimmung zur endgültigen Regelung seiner Reparationsleistungen die Voraussetzung zur Räumung des Rheinlandes zum 1. 7. 1930 war. Auf der zweiten Haager Konferenz (3.-20. 1. 1930) wurde der Youngplan mit der Verabschiedung der »Schlussakte« (20. 1. 1930 endgültig angenommen. Rückwirkend zum 1. 9. 1929 verabschiedete der deutsche Reichstag den Youngplan am 18. 3. 1930.
 
Für die ersten 37 Jahre wurde die deutsche Reparationsschuld auf 30,5 Mrd. RM, für den Gesamtzeitraum von 59 Jahren (d. h. bis 1988) auf 34,5 Mrd. RM festgelegt. Die Annuitäten (die jährlichen Raten) sollten in den ersten 37 Jahren von 1,7 auf 2,2 Mrd. steigen; für die restlichen 22 Jahre waren Annuitäten von 1,6 Mrd. veranschlagt. 0,612 Mrd. RM jährlich, zuzüglich des Dienstes der Dawesanleihen, sollten unter allen Umständen gezahlt werden; für den Rest konnte bei »anormalen oder besonderen Schwierigkeiten« ein auf zwei Jahre befristeter Transferaufschub erklärt werden. Die im Dawesplan vorgesehenen dinglichen Sicherungen und damit die Überwachungsaufgaben der Reparationskommission entfielen. Alle Zahlungen waren in fremder Währung an die neu gegründete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel zu leisten. Im Zusammenhang mit dem Youngplan wurde 1930 vom Deutschen Reich eine internationale 5,5 %ige Anleihe (Younganleihe) von 300 Mio. US-$ für Reparationszahlungen aufgenommen. Die Weltwirtschaftskrise (ab 1929/30) und die mit ihr verbundenen Folgen für die deutsche Zahlungsfähigkeit führten schon am 1. 7. 1931 - gemäß dem Hoover-Moratorium - zur Zahlungseinstellung. Mit dem Vertrag von Lausanne (9. 6. 1932 verzichteten die Siegermächte des Ersten Weltkriegs gegen eine einmalige Abfindungssumme von 3 Mrd. RM (in Gestalt von Schuldverschreibungen) auf weitere Reparationsleistungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die sich aus dem Dawesplan und dem Youngplan ergebenden deutschen Schulden in das Londoner Schuldenabkommen von 1953 einbezogen.
 
Die von der extremen Rechten (NSDAP, DNVP und Stahlhelm) eingeleitete Kampagne gegen den Youngplan (ab Juli 1929) und das von ihr initiierte Volksbegehren (16.-29. 10. 1929) gegen den Youngplan sowie der innenpolitische Kampf um den Volksentscheid (22. 12. 1929 boten Hitler die Gelegenheit, gegen das demokratische System der Weimarer Republik und ihre Außenpolitik zu agitieren. Der Volksentscheid erhielt jedoch nicht die erforderliche Stimmenzahl.
 
 
Die Entstehung des Y., hg. v. M. Vogt (1970);
 O. Jung: Direkte Demokratie in der Weimarer Rep. Die Fälle »Aufwertung«, »Fürstenenteignung«, »Panzerkreuzerverbot« u. »Y.« (1989).
II
Youngplan
 
Unter Vorsitz des amerikanischen Finanzmanagers Owen D. Young trat im Februar 1929 in Paris eine Sachverständigenkonferenz zusammen mit dem Ziel, das Problem der deutschen Reparationen neu zu regeln, da sich herausgestellt hatte, dass die im Dawesplan festgelegten Jahreszahlungen von der deutschen Wirtschaft nicht aufgebracht werden konnten. Auf deutscher Seite nahmen Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht und der Großindustrielle Albert Vögler an dieser Konferenz teil. Der dort ausgearbeitete Youngplan legte die Höhe der Reparationssumme und die Dauer der zu leistenden Zahlungen endgültig fest. 112 Milliarden Goldmark sollten in 59 Jahresraten von durchschnittlich 2 Milliarden Mark gezahlt werden. Die neu gegründete »Bank für Internationalen Zahlungsausgleich« in Basel übernahm die Verwaltung der deutschen Zahlungen. Der neue Plan stellte in vielen Punkten eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Dawesplan dar. Das Deutsche Reich erhielt die alleinige Verantwortung für die Zahlungen in fremder Währung, die internationalen Kontrollen über Reichsbank und Reichsbahn entfielen. Aber die lange Dauer der Zahlungsverpflichtungen über Generationen rief Enttäuschung und Empörung in Deutschland hervor. Während die Reichsregierung und mit besonderer Eindringlichkeit Außenminister Stresemann sich für die Annahme des Planes durch den Reichstag einsetzten und darauf verwiesen, dass die Alliierten im Gegenzug zu der Ratifizierung des Youngplanes die vorzeitige Räumung des Rheinlandes zugesagt hatten, riefen die DNVP unter ihrem neuen Vorsitzenden, dem Rechtsextremisten Alfred Hugenberg, »Stahlhelm - der Bund der Frontsoldaten« und die bis dahin noch weitgehend unbekannte NSDAP zu einem Volksbegehren auf und entfachten eine wüste Hetze gegen die Politiker, die den Youngplan befürworteten und unterschrieben. Das Volksbegehren für ein »Freiheitsgesetz«, das u. a. für die Unterzeichner des Youngplans Zuchthausstrafen vorsah, erreichte knapp die erforderlichen 10 % der Stimmen, der anschließend eingeleitete Volksentscheid scheiterte indessen am 22. Dezember 1929. Die von den Rechtsparteien inszenierte Volksbewegung hat dem deutschen Ansehen im Ausland erheblichen Schaden zugefügt, erschwerend kam hinzu, dass der Garant der deutschen Zuverlässigkeit, Gustav Stresemann, im Oktober 1929 gestorben war. Der deutsche Reichstag ratifizierte den Youngplan am 12. März 1930 und machte damit den Weg frei für die Rheinland-Räumung bis zum 30. Juni 1930. Der Youngplan wurde indessen im Zuge der Weltwirtschaftskrise durch das Abkommen von Lausanne vom 9. Juli 1932 aufgehoben, das bei einer Restschuld von 3 Milliarden Mark die deutschen Reparationsschulden löschte.

Universal-Lexikon. 2012.

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